Konjunkturpolitik auf Bundesländerebene: Das Beispiel Baden-Württemberg

Im Frühjahr 2012 hat das IAW die damals erhöhten konjunkturellen Risiken zum Anlass für eine Untersuchung genommen, bei der zum einen mögliche Schockszenarien für die baden-württembergische Wirtschaft erörtert und zum zweiten die während der Wirtschaftskrise 2008/09 betriebene Konjunkturpolitik des Landes untersucht wurden. Damit sollten auch Folgerungen für zukünftige Konjunktureinbrüche abgeleitet werden.

Damalige Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstituten gingen davon aus, dass Deutschland im Jahr 2012 allenfalls mit einem marginalen Wachstum rechnen könne – und selbst dies nur unter dem Vorbehalt, dass sich die Staatsschulden- und Bankenkrise im Euroraum nicht wesentlich verschärfen sollte.

Im ersten Teil der Untersuchung ging das IAW auf verschiedene konjunkturelle Schockszenarien und mögliche Implikationen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ein. Im Rahmen der Erörterung eines finanzwirtschaftlichen Schocks, der zunächst unmittelbar sowohl die Öffentlichen Hand als auch das Bankgewerbe treffen würde, wurde auch eine mögliche Kreditklemme thematisiert. Eine entsprechende Einschränkung der Kreditvergabe an die Unternehmen der Realwirtschaft hätte negative Rückwirkungen für diejenigen baden-württembergischen Unternehmen, die Bankkredite zur Vorfinanzierung von Produktionskosten benötigen, so dass diese mangels Fremdfinanzierung bestimmte Aufträge nicht annehmen konnten. Zudem wäre Baden-Württemberg überdurchschnittlich von dem Umstand betroffen gewesen, dass im Gefolge einer Kreditklemme Unternehmen in ganz Deutschland nicht mehr ohne Weiteres Bankkredite zur Finanzierung ihrer Investitionskosten erhalten konnten, was sich indirekt negativ auf die Investitionsgüterindustrie des Landes ausgewirkt hätte, die hier ja überdurchschnittlich stark vertreten ist. Unabhängig vom Fall eines finanzwirtschaftlichen Schocks wurden auch noch Aspekte thematisiert, die mit steigenden Ölpreisen und der andauernden allgemeinen Verunsicherung von Unternehmen und privaten Haushalten zu tun haben.

Aufgrund der herausragenden Bedeutung des Exports für die baden-württembergische Wirtschaftsleistung wurde eine Abschätzung vorgenommen, bei der unterschiedliche Szenarien für den Rückgang der Auslandsnachfrage aus dem Euroraum einerseits und den restlichen Ländern andererseits unterstellt wurden. Unter Einbeziehung einer früheren IAW-Abschätzung zum Anteil der in baden-württembergischen Exporten enthaltenen importierten Vorleistungen wurde dann für die verschiedenen Szenarien die Wirkung auf das baden-württembergische Bruttoinlandsprodukt geschätzt. Dabei musste man sich auf den Erstrundeneffekt beschränken, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil für die baden-württembergische Landesebene keine zeitnahen Input-Output-Tabellen vorliegen.

Im zweiten Teil der IAW-Untersuchung wurden die konjunkturpolitischen Maßnahmen erörtert, die während der Wirtschaftskrise 2008/09 auf der Bundesebene und speziell in Baden-Württemberg ergriffen wurden. Dabei ging es zum einen um das Zukunftsinvestitionsprogramm (ZIP), in dessen Rahmen das Land Baden-Württemberg und seine Kommunen unter Einbringung bestimmter Ko-Finanzierungsbeiträgen vom Bund Finanzmittel für konjunkturstabilisierende Projekte im Bereich Bildungs- und andere Infrastruktur erhielten. Hier gab es deutliche Anhaltspunkte für größere "time lags", die eine antizyklische Wirkung der Maßnahmen zum Teil in Frage stellten. Zudem zeigte sich eine Abschwächung des Stabilisierungseffektes, weil es in gewissem Umfang zu einer Verdrängung anderweitiger geplanter Projekte kam und ein Teil des eingesetzten Finanzvolumens in Preissteigerungen „ging“. Schließlich wurden auch noch verschiedene Aspekte erörtert, welche das Landesinfrastrukturprogramm (LIP) betrafen - ein vom Land Baden-Württemberg selbst aufgelegtes Konjunkturprogramm, dessen Mittel überwiegend in Bauinvestitionen flossen.

Als Lehre für die zukünftige Konjunkturpolitik sollte eine Verringerung der Wirkungsverzögerungen angestrebt werden. Hier hat sich das Verfahren der „vereinfachten Ausschreibung“ von Projekten als sinnvoll erwiesen; es sollte deshalb zukünftig verstärkt zur Anwendung kommen. Mit Blick auf die durch die Schuldenbremse auch in der Konjunkturpolitik geringer werdenden staatlichen Ausgabenspielräume sollte gelten: Konjunkturstabilisierende Maßnahmen sollten sich auf solche Projekte konzentrieren, die auch positive Wachstumseffekte generieren und sich längerfristig fiskalisch bezahlt machen.

Der IAW-Kurzbericht 1/2012 ["Krumm, R. und B. Boockmann: Konjunkturpolitik auf Bundesländerebene: Das Beispiel Baden-Württemberg"] kann kostenlos von der IAW-Homepage heruntergeladen werden .

Auftraggeber:

  • Auftraggeber: Eigenprojekt des IAW

Projektteam:

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Bernhard Boockmann ( 07071 9896 20 // E-Mail )

Status:

2012 - 2012