Evaluation der Modellprojekte "Bürgerarbeit"

Mit dem Modellprojekt „Bürgerarbeit“ wollte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen neuen Lösungsansatz erproben, um einen möglichst hohen Anteil von arbeitslosen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (eLb) durch intensive und konsequente Aktivierung dabei zu unterstützen, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden. Für einen Teil der trotz konsequenter Aktivierung nicht integrierten Leistungsberechtigten sah das Modellprojekt eine öffentlich geförderte Beschäftigung vor. Das Modellprojekt startete am 15. Juli 2010 und endete am 31. Dezember 2014. Es beteiligten sich insgesamt 197 Jobcenter.

Das Modellprojekt „Bürgerarbeit“ bestand aus zwei Phasen. Die erste Phase, die Aktivierungsphase, die mindestens sechs Monate dauern musste, beinhaltete eine intensive Betreuung, beispielsweise durch Beratung/Standortbestimmung, Vermittlungsaktivitäten sowie Qualifizierung und Förderung. Das Ziel dieser Phase war es, die Teilnehmenden bereits während der Aktivierungsphase in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wenn eine Integration nicht realisiert werden konnte, bestand für einen Teil der Teilnehmenden der Aktivierungsphase die Möglichkeit an der zweiten Phase, der Beschäftigungsphase, teilzunehmen. Diese zweite Phase konnte bis zu 36 Monate dauern und umfasste eine öffentlich geförderte, zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Umfang von 20 oder 30 Wochenstunden. Während der Beschäftigungsphase war für die geförderten Personen zusätzlich ein beschäftigungsbegleitendes Coaching vorgesehen. Dieses hatte zum Ziel auch in dieser Phase möglichst viele Übergänge in eine ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erreichen.

Der Evaluation lag ein qualitativ und ökonometrisch-quantitativ ausgerichtetes Forschungsdesign zugrunde. Grundlage bildeten die Implementationsanalyen, in deren Rahmen die Konzeption und Umsetzung des Modellprojekts anhand von Fallstudien und standardisierten Befragungen eingehend untersucht wurden. Die Analyse der Teilnehmendenstruktur und die Auswertungen zur Umsetzung und zum Programmverlauf waren Bestandteile der deskriptiven Strukturanalysen. Für die beiden Phasen des Modellprojekts, der Aktivierungs- und der Beschäftigungsphase, wurden separate Wirkungsanalysen durchgeführt. Für die Beschäftigungsphase wurden zudem Analysen zur Beschäftigungsfähigkeit und der sozialen Teilhabe gemacht. Die Ergebnisse der Wirkungsanalysen gingen direkt in die Wirtschaftlichkeitsanalysen ein, in der die direkten und indirekten Kosten des Modellprojekts den Einsparungen und Einnahmen durch zusätzliche Integrationen gegenübergestellt wurden. Bei allen Arbeitsschritten wurde das ESF-Querschnittsziel Gender Mainstreaming berücksichtigt

Zentrale Ergebnisse der Evaluation sind u.a.:

  • Die Wirkungsanalyse der Aktivierungsphase zeigte, dass Teilnehmende der Aktivierungsphase eine bis zu 35 % höhere Wahrscheinlichkeit einer Integration in den ersten Arbeitsmarkt haben als vergleichbare Nicht-Teilnehmende aus teilnehmenden Jobcentern.
  • Die höhere Integration erfolgte dabei nicht in schlechter bezahlte Beschäftigungsverhältnisse, da zwischen den Tagesentgelten der integrierten Teilnehmenden der Aktivierungsphase und der Vergleichsgruppe keine Unterschiede zu beobachten waren.
  • Mit einer kleinen Verzögerung ist für die Aktivierungsphase ebenfalls eine reduzierte Wahrscheinlichkeit für einen Verbleib im SGB II-Leistungsbezug zu beobachten.
  • Wichtige Erfolgsfaktoren für den positiven Verlauf der Aktivierungsphase waren eine intensivere Betreuung und höhere Kontaktdichten in Form persönlicher Gespräche sowie der Einsatz spezieller Teams in den Jobcentern.
  • Für die Beschäftigungsphase war ein erheblich negativer Effekt der Teilnahme auf die Integration in den ersten Arbeitsmarkt festzustellen. Den ökonometrischen Schätzungen zu Folge wären die Integrationsraten ohne die Teilnahme an der Beschäftigungsphase innerhalb der ersten beiden Jahre mindestens doppelt so hoch gewesen.
  • Für eine Förderung der Integration in den ersten Arbeitsmarkt waren die Bürgerarbeitsplätze zu arbeitsmarktfern.
  • Die Effekte der Beschäftigungsphase auf die Beschäftigungsfähigkeit und soziale Teilhabe waren eher begrenzt. Dabei waren insbesondere Auswirkungen auf die soziale Integration und die Interaktion feststellbar, während kaum Effekte auf kognitive Fähigkeiten identifiziert werden konnten.
  • Hinsichtlich der Effizienz zeigte sich, dass das Modellprojekt als Ganzes eine deutlich negative Effizienz aufwies.
  • Mit wenigen Ausnahmen spielte das Thema Gleichstellung weder bei der Konzepterstellung noch bei der Umsetzung eine größere Rolle.

Kooperationspartner:

  • Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG), Köln/Berlin www.isg-institut.de
  • Ansprechpartner/Contact Person ISG: Dipl.-Volkswirt Hans Verbeek
  • SOKO-Institut, Bielefeld www.soko-institut.de

Auftraggeber:

  • Auftraggeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Projektteam:

Ansprechpartner:
Andrea Kirchmann ( 07071 9896 33 // E-Mail )

Status:

2011 - 2016